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Reporter W102
Bei diesem Gerät handelt es sich um ein Drahttongerät mit Plattenspieler der Fa.
Reichhalter
& Co.
in Lindau
Baujahr 1951
„In Ehren ergraut“ darf sich dieses Gerät auch nach der umfangreichen Restaurierung zeigen. Auf das Aufarbeiten der Metallbeschläge wurde ganz bewusst verzichtet. Dennoch ist diese graue (braune) Maus ohne jede Einschränkung funktionsfähig!
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Dieser schlichte, mit seinen Schutzecken zwar funktionell, aber nicht unbedingt wohnzimmertaugliche Koffer . . .
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. . . enthält „HighTech“ der 40er bis 50er Jahre.
Im Kofferdeckel sind Raum und Vorrichtungen zur zweckmäßigen Unterbringung von Zubehörteilen wie Drahtspulen, Kabel und einem Mikrofon vorgesehen.
Es ist ein „elektrisches Drahtgrammophon“.
Wie aus dem Namen zu erkennen ist, handelt es sich um ein Gerät, mit
Die Ansicht von oben zeigt
Der kleine rote Knopf ist der RESET-(Rückstell-) Knopf der Draht-Endabschaltung.
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Anders als von den meisten TonBAND-Geräten gewohnt, befindet sich die Vorratsspule in der Draufsicht auf der rechten Seite. Der Draht läuft also bei der Aufnahme bzw. der Wiedergabe von rechts nach links.
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Auf
seinem Weg passiert er den Tonkopf. Er gleitet hier durch einen Spalt, der sich
synchron zu den Spulen ständig auf und ab bewegt.
Im Tonkopf
sind deshalb der Löschkopf und der Aufnahme-/ Wiedergabekopf zusammengefasst.
Die Bedienungselemente sind sehr übersichtlich zusammengefasst: Links vom integrierten Lautsprecher befinden sich der Lautstärkeregler und die Tonblende. Auf diesen Bildern ist der Bereich rechts vom Lautsprecher zu sehen: Es sind kombinierte Schalter für die Aufnahmequelle (MIKRO-DRAHT-PHONO-RADIO) u. Drehregler für die Aufnahmestärke.
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Einfacher wird es wohl kaum möglich sein:
„A“ ->„A“ufnahme
„H“ ->„H“alt
„W“ ->„W“iedergabe
„R“ ->„R“ückspulen
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Die Drehschalter zur Umschaltung für die Aufnahmequelle sind . . .
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. . . gekoppelt mit den Drehreglern für die Aufnahmestärke.
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Das „Echtzeit-Zählwerk“ ist eine tolle Sache. So verblüffend einfach der mechanische Aufbau, so einfach lässt sich jederzeit die verstrichene Aufnahmezeit bzw. Dauer der Wiedergabe analog ablesen. Es spielt dabei keine Rolle, wie weit und wie oft rückgespult wurde, stets lässt sich auf die Minute genau ablesen, wie viel Draht noch zur Verfügung steht.
Ähnlich einer analogen Zeituhr wird diese Zeit mit einem längeren „Zeiger“ für die Minuten, sowie einem kürzen Zeiger für die verstrichenen Sekunden dargestellt. Auf der abgebildeten „Uhr“ sind also nach dem Rückstellen 10 Minuten und 19 Sekunden Aufnahme-/Wiedergabezeit verstrichen.
Das Rücksetzen der „Uhr“ geschieht durch Drehen des inneren Teiles auf 00:00h oder jeden beliebigen Zeitpunkt.
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„Schau mir in die Augen . . .“
Das heute so antiquiert wirkende „Magische Auge“ zeigt immer noch frisch und munter trägheitslos! den Grad der „Aussteuerung“ an.
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Auf der Geräterückseite befindet sich diese Mehrfachbuchse. Mit ihr besteht die Möglichkeit, das Reichhalter Reporter mit einem entsprechend ausgerüsteten (Röhren-) Radio zu verbinden. Dadurch ist es möglich, Sendungen vom Radio aufzunehmen und/oder das Radio mit seinem möglicherweise hochwertigerem Verstärker und Lautsprecher zu nutzen. Ein Feature, das sich Aufgrund der bemerkenswerten Drahtaufnahmequalität unbedingt lohnt!
b) Momentaufnahmen der Restaurierung
In diesem traurigen Zustand befand sich das Reporter W102:
Der Gerätedeckel war abgebrochen, die Zarge war regelrecht zersplittert,
ein Wasserschaden ließ die Bespannung aufquellen, in Teilen hatte sie sich bereits gelöst, das Tonarmlager war gebrochen. Fast alle Metall(Eisen)teile waren rostig und die Mechanik ließ sich kaum bewegen. Zum Glück jedoch war das Gerät komplett.
Der Gehäusekoffer ist aus Sperrholz. Im Laufe der Jahre haben sich, unter teilweise feuchten Bedingungen, die meisten Verleimungen gelöst, die Sperrholzplatten verzogen und die Beschläge rosten lassen.
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Zum Glück rostet nur der Stahl. Der Tonarm ist aus einem Leichtmetall- Druckguss, und das TA-(Tonabnehmer) Gehäuse aus Aluminiumblech.
Das Tonabnehmersystem war vorhanden und die Saphir-„Nadel“ ist gut erhalten.
Zu sehen sind hier zwei unterschiedliche! Schrauben:
Somit bleibt der Tonarm samt TA-System geschützt, während der Drahttonteil des Gerätes benutzt wird.
Diese Arretierung fungiert auch als Transportsicherung, denn das Reporter W102 ist ja ein Koffergerät.
Nicht nur der „Zahn der Zeit“ und die Lagerbedingungen haben dem Reporter zugesetzt, sondern auch seine Nutzung: Derartige „Draht-Plastiken“ finden sich leider in fast jedem Drahttongerät. Die Besitzer waren mit dem „Handling“ dieses filigranen Aufnahme-Drahtes oftmals überfordert.
c) Die Restaurierung
1. Das Gehäuse
Zuerst ist der Zimmermann an der Reihe. Wir brauchen zuerst einmal eine stabile Basis, auf der wir aufbauen können.
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Damit zusammen findet, was zusammen gehört, ist etwas „Überzeugungsarbeit“ nötig. Das Holz hatte sich ja verzogen und der Kofferdeckel soll später möglichst ohne Spalt mit dem Geräteunterteil schließen.
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Leim, Zwingen und
Spanngurt war das geeignete Werkzeug
Es gab praktisch
keine Seite, die nicht zerbrochen war. Unter der welligen Bespannung war dieses
zunächst gar nicht aufgefallen.
Auf dem Bild ist
in der Ecke ein Gummielement zu erkennen, das später die Geräteplatte mit der
Zarge verbindet. Es wirkt als Vibrationsdämpfer, um im Betrieb Gehäuse mit dem
Lautsprecher von Gerätegrundplatte mechanisch zu entkoppeln.
Sehr viel Mühe hat die Rettung der Kunstleder-Bespannung gemacht. Auch hier leisten Schraubzwingen Überzeugungsarbeit.
2. Der mechanische Teil
Es sind nur 4 Schrauben und 2 Steckverbinder zu lösen und die Mechanik ist komplett von der Elektronik im Gehäuseunterteil zu trennen.
Die komplette Mechanik auf der Trägerunterseite.
Zu erkennen ist auch der Stempel: „50 CY. 220 V.“ 50 Cykels zur Angabe der Netzfrequenz ist in Deutschland eher ungewöhnlich. Läßt sich etwa daraus schließen, dass dieses Gerät für den Export gebaut wurde oder Komponenten aus dem Ausland zugekauft wurden?
Der Hintergrund
ist, dass zu dieser Zeit die Herstellung und Nutzung von Drahttongeräten in
Deutschland eigentlich vorüber war. In den USA hingegen war der Drahtton
deutlich mehr und vor allem länger vertreten als in Deutschland. WEBSTER
Chicago war zum Beispiel ein Drahtrecorder-Produzent, dessen Geräte sehr weite
Verbreitung fanden.
Der kräftige Motor (hier von oben im Bild) treibt über das schwarze Abtriebsrad die weiteren Reibräder mit an.
Der Motor ist herausgenommen, das Abtriebsrad ist noch hinter dem Halteblech verblieben.
Die Antriebsmechanik unverstellt nach der Demontage des Antriebsmotors. Es handelt sich um ein Einmotorenlaufwerk mit Reibradantrieb.
Als letztes kommt das Motorabtriebsrad aus seinem Versteck.
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Rechts unten im Bild zu sehen ist der Tonkopf auf dem Kopf stehend auf der Hubmechanik montiert. In Bildmitte kommt von links die Antriebswelle für die Hubsteuerscheibe (in Bildmitte rechts in goldener Farbe).
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Der Tonkopf(schwarz) mit seinen 4 Anschlüssen auf der Hubmechanik in Nahaufnahme. Oben links im Bild ist links von der Spiralfeder die Steuerscheibe für die Hubbewegung zu sehen.
Die Spiralfeder in Bildmitte zieht den Tonkopf nach Durchfahren des Erhebungsmaximums (oberen Umkehrpunktes) zurück.
Der Verlauf dieses Hubweges ist von ganz entscheidender Bedeutung für den Wickelaufbau des Drahtes auf den beiden Spulenkörpern. Ist dieser Wickel nicht stramm und absolut gleichmäßig über den Spulenquerschnitt aufgebaut, ist das Risiko eines Drahtfiaskos vorprogrammiert. (Siehe Bild oben „Drahtplastik“)
Mit diesem Elektromagnet werden Reibräder so geschwenkt, dass von Aufnahme/Wiedergabe und schnellem Rücklauf umgeschaltet wird.
3. Der elektronische Teil
So überschaubar wie die Mechanik ist auch der elektronische Teil aufgebaut.
Blitzsauberer und überschaubarer Aufbau auf der Unterseite. Die Röhren befinden sich auf der anderen, der oberen Seite.
Wie auf dem Magneten des Lautsprechers oben links im Bild zu erkennen ist, stammt der Lautsprecher von Philips.
Heute
ist dieses Drahttongerät das zuverlässige „Arbeitspferd“ in meiner Sammlung. Mit ihm wird umgespult, Drähte gereinigt und geflickt. Mit ihm wurden Drähte digitalisiert, und so unwiederbringliche Aufnahmen „gerettet“. Auf diese Weise treffen sich antike und heutige moderne Datenträger.
Was wir als „alt“ oder „modern“ bezeichnen, erweist sich nun als relativ. So steht einem über 14kg schweren Drahttongerät ein z.T. unter 100g leichter mp3-Recorder gegenüber. Mit einem heutigen Mobil-Telefon, einem wahren Universaltalent, verbietet sich schon jedweder Vergleich.